
Drohnen über Polen – Fakten, Reaktionen und offene Fragen
In der Nacht vom 9. auf den 10. September 2025 kam es zu einem Vorfall, der die sicherheitspolitische Lage in Europa spürbar verschärft hat. Während eines massiven russischen Drohnen- und Raketenangriffs auf die Ukraine drangen mehrere unbemannte Flugkörper in den polnischen Luftraum ein. Polen reagierte mit Abfangmaßnahmen, unterstützt von NATO-Partnern. Es ist das erste Mal, dass ein Mitgliedsstaat des Bündnisses in diesem Krieg aktiv russische Drohnen abgeschossen hat.
Nach Angaben des polnischen Militärs wurden insgesamt mindestens acht Drohnen identifiziert, die die Grenze überschritten. Mehrere von ihnen konnten durch Abfangjäger neutralisiert werden. Trümmerteile gingen auf polnischem Gebiet nieder, ein Wohnhaus wurde beschädigt, Verletzte wurden nicht gemeldet. Als Vorsichtsmaßnahme mussten mehrere Flughäfen, darunter Warschau-Chopin und Rzeszów, zeitweise den Betrieb einstellen. Die polnische Regierung bezeichnete den Vorfall als die schwerwiegendste Verletzung des eigenen Luftraums seit dem Zweiten Weltkrieg und leitete Konsultationen nach Artikel 4 des NATO-Vertrags ein.
Von russischer Seite wird die Verantwortung bestritten. Offizielle Stellen in Moskau erklärten, es könne sich um Navigationsfehler oder unbeabsichtigte Kursabweichungen handeln. Heute folgte eine weitere Präzisierung, laut Kreml hätten die eingesetzten Drohnen nur eine begrenzte Reichweite gehabt und seien nicht mit Sprengkörpern bestückt gewesen. Damit versucht Russland, den Vorfall als ungefährlich und unabsichtlich darzustellen. Polen und NATO weisen diese Darstellung zurück und verweisen darauf, dass bereits die bloße Verletzung des Luftraums durch unkontrollierte Flugkörper eine ernsthafte Bedrohung darstellt. Zudem habe es Hinweise gegeben, dass einige der Drohnen Kurs auf Rzeszów genommen hätten, wo sich das wichtigste logistische Drehkreuz für westliche Waffenlieferungen an die Ukraine befindet.
In sozialen Netzwerken tauchten in den Stunden nach dem Vorfall zahlreiche Gerüchte und Spekulationen auf. Neben übersteigerten Schilderungen von angeblichen Explosionen und Großschäden kursierten auch Mutmaßungen, die Ukraine selbst könne in irgendeiner Weise in den Vorfall verwickelt sein. Für diese These gibt es jedoch keinerlei belastbare Belege. Weder polnische noch internationale Stellen haben Hinweise auf eine ukrainische Urheberschaft gefunden. Aus militärischer wie politischer Sicht wäre ein solches Vorgehen für Kiew zudem hochriskant und ohne erkennbaren Nutzen.
Der Vorfall wird in den kommenden Tagen und Wochen sicherheitspolitische Diskussionen in NATO und EU prägen. Bereits jetzt ist klar, dass er den Ruf nach einer engeren europäischen Luftverteidigung verstärken wird. Offene Fragen betreffen vor allem die genauen Flugrouten der Drohnen und die Frage, ob Russland bewusst eine rote Linie überschritten hat oder ob es sich tatsächlich um unkontrollierte Abweichungen handelte. Unabhängig von den Antworten zeigt das Ereignis, wie schnell der Krieg in der Ukraine Auswirkungen auf die Sicherheit der Nachbarstaaten haben kann.
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