
Geheimakte Blue Orchid – Das EU-Planspiel vor Corona, über das niemand reden soll
Im Februar 2019, acht Monate bevor die Welt von einem neuartigen Coronavirus erschüttert wurde, veranstaltete die Europäische Kommission mit dem ECDC ein Pandemie-Planspiel. Der Name ist „Blue Orchid“, der Ort Brüssel, die Öffentlichkeit ist ausgeschlossen. Kein offizieller Bericht, keine Pressemitteilung, kein einziger Hinweis. Erst eine parlamentarische Anfrage des österreichischen Abgeordneten Gerald Hauser zwang die Kommission dazu, die Existenz dieser Übung überhaupt einzuräumen. Was genau simuliert wurde, wer beteiligt war, welche Lehren gezogen wurden, all das bleibt bis heute unter Verschluss.
Und hier beginnt das Problem. Nur wenige Monate nach dieser Übung kam es in Wuhan zum Ausbruch von SARS-CoV-2. Aus einem Planspiel wurde Realität, aus einem Szenario wurde Geschichte. Wer da keinen Zusammenhang sieht, ist blind. Nicht im Sinne einer Verschwörung, sondern im Sinne einer politischen Brisanz, die kaum zu überbieten ist. Denn entweder haben die europäischen Institutionen tatsächlich geahnt, dass eine Pandemie vor der Tür stand, und die Mitgliedsstaaten trotzdem in katastrophaler Ahnungslosigkeit belassen. Oder sie haben in erschreckender Realitätsnähe geprobt und bis heute jeden Einblick verweigert, beides ist ein Skandal.
Das Schweigen der Kommission ist lauter als jedes Dementi. Denn wenn es wirklich nur eine harmlose Routineübung war, warum gibt es dann bis heute keine Dokumente, keine Protokolle, keine Ergebnisse? Warum muss ein EU-Abgeordneter im Jahr 2025 erst nachhaken, um überhaupt von der Existenz dieser Übung zu erfahren? Warum wird ausgerechnet bei einer Bedrohung, die Millionen Leben und die Grundfesten unserer Gesellschaft betrifft, mit Geheimhaltung gearbeitet, als ginge es um eine geheime Militäraktion?
Noch pikanter wird es, wenn man „Blue Orchid“ neben „Event 201“ stellt, jenes berüchtigte Planspiel in New York im Oktober 2019, bei dem ein neuartiges Coronavirus durchgespielt wurde. Während dort die globale Elite aus Politik, Wirtschaft und Gesundheitswesen den Ernstfall simulierte, hatte die EU ihre eigene Probe längst hinter sich. Zwei Planspiele, zeitlich eng aufeinander, beide mit frappierender Nähe zur späteren Realität und beide mit dem Beigeschmack der Inszenierung.
Gerald Hauser fordert „lückenlose Aufklärung“. Er hat recht, doch die Erfahrung zeigt, je größer der Skandal, desto dicker die Mauer des Schweigens. Wer glaubt, dass Brüssel freiwillig alle Karten auf den Tisch legt, ist naiv, aber genau deshalb muss Druck entstehen. Denn hier geht es nicht nur um vergangene Fehler, sondern um das Fundament demokratischer Legitimität. Wer Pandemie spielt, während die Bürger im Dunkeln stehen, verspielt Vertrauen.
„Blue Orchid“ ist mehr als eine Fußnote. Es ist ein Symbol für die Arroganz einer Bürokratie, die meint, sie könne mit existenziellen Fragen der Menschheit im Geheimen jonglieren. Solange keine Antworten auf dem Tisch liegen, bleibt der Verdacht bestehen, dass hier mehr gewusst, mehr geahnt, vielleicht sogar mehr vorbereitet war, als man uns zugibt.
Die Frage ist so einfach wie vernichtend, was genau wussten die europäischen Institutionen im Februar 2019 und warum haben sie es verschwiegen? Wer darauf keine Antwort gibt, darf sich nicht wundern, wenn Vertrauen in Politik und Institutionen pulverisiert wird.