6. Oktober 2025
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Überschwemmungen in Burgas – wenn eine Stadt im Regen versinkt

In der Nacht auf den 3. Oktober erlebte Burgas und die Region um Tsarevo eines der heftigsten Unwetter der letzten Jahre. Binnen Stunden fielen Regenmengen, wie sie in einem ganzen Monat nicht üblich sind. In Tsarevo wurden mehr als 400 Millimeter Niederschlag gemessen, ein Wert, der selbst in tropischen Regionen außergewöhnlich ist. Straßen wurden zu Flüssen, Keller und Wohnungen standen unter Wasser, der Hafen von Burgas musste schließen. Der Verkehr kam zum Erliegen, Schulen und Kindergärten im Süden der Region stellten den Betrieb ein, und die Behörden riefen in Tsarevo den Ausnahmezustand aus.

Die Bilder des Morgens zeigen ein vertrautes Muster, Menschen waten durch knietiefes Wasser, Autos stehen im Schlamm, die Kanalisation spuckt braune Brühe auf die Straßen. Was wie eine Naturkatastrophe aussieht, ist in Wahrheit auch eine Katastrophe der Strukturen. Denn Regen allein macht keine Katastrophe, mangelnde Vorsorge, fehlende Investitionen und politisches Wegschauen machen sie erst möglich.

Burgas ist keine Stadt, die zum ersten Mal im Wasser steht. Jeder Herbst bringt Sturzfluten, jedes Jahr werden Warnungen ausgesprochen und jedes Jahr versprechen lokale Politiker, die Kanalisation auszubauen, Flüsse zu reinigen, Drainagen zu verbessern. Doch die Realität ist sichtbar, Millionen versickern in Projekten, die nie umgesetzt werden oder nur auf dem Papier existieren. Währenddessen wächst die Stadt weiter, Asphalt und Beton verdrängen Erde und Grünflächen, und die Wassermassen finden keinen Weg mehr ins Meer sie stauen sich in den Straßen und reißen alles mit.

Besonders perfide ist die Doppelmoral, mit der über solche Ereignisse gesprochen wird. Offizielle Stellen betonen sofort, man habe rechtzeitig gewarnt, das nationale „BG-Alert“-System sei aktiviert gewesen, doch was nützt eine SMS, wenn die Infrastruktur den Wassermassen nicht standhält. Menschen brauchen keine Textnachrichten, sie brauchen Sicherheit, sie brauchen Systeme, die funktionieren. Stattdessen werden die Bürger vertröstet, als seien sie selbst schuld, wenn sie im Erdgeschoss wohnen oder ihr Auto am falschen Platz parken.

Der Hafen von Burgas ist ein Symbol dieser Ohnmacht, er musste den Betrieb einstellen, weil die Sicherheit nicht mehr gewährleistet war. Das bedeutet nicht nur wirtschaftlichen Schaden, sondern zeigt auch die Verletzlichkeit einer Stadt, die sich gerne als moderne Metropole am Schwarzen Meer präsentiert. Wer aber im eigenen Regen untergeht, sollte von Modernität nicht sprechen.

Die Lage in Tsarevo ist noch dramatischer. Evakuierungen sind im Gange, Straßen sind unpassierbar, die Versorgung bricht zusammen. Der Ausnahmezustand ist ein spätes Eingeständnis, dass die Behörden keine Kontrolle haben. Dass diese Region überhaupt so schnell in Not gerät, liegt auch daran, dass jahrelang Bauprojekte genehmigt wurden, die Flussläufe zerstört, Wälder abgeholzt und Küsten versiegelt haben. Natur wurde geopfert, damit Hotels wachsen konnten. Jetzt rächt sich diese Politik, und die Opfer sind die Einwohner, die nichts davon hatten.

Die Überschwemmungen von Burgas sind mehr als ein Wetterereignis, sie sind ein Spiegelbild dessen, wie Politik, Verwaltung und Wirtschaft mit der Realität umgehen. Klimawandel, Versiegelung, Korruption und Ignoranz schaffen Katastrophen, die man dann bequem als „Naturgewalt“ abtut. Die Wahrheit ist härter, die Fluten von Burgas sind menschengemacht. Sie sind das Resultat von Gleichgültigkeit, Profitgier und fehlendem Respekt vor Natur und Bürgern.

Solange diese Muster nicht durchbrochen werden, wird Burgas weiter im Regen versinken. Heute Tsarevo, morgen wieder die Stadt, übermorgen die gesamte Region. Jedes Mal wird man sagen, es war ein außergewöhnliches Ereignis. In Wahrheit ist es längst das Normale geworden, das Normale einer Gesellschaft, die nichts lernt und lieber wegschaut, bis sie erneut bis zum Hals im Wasser steht.

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