
Saubere Illusionen – Verbrenner gegen Elektro im Realitätscheck
Wie sauber können Verbrennerautos wirklich sein?
Die Debatte um die Zukunft des Automobils ist längst von einem nüchternen Abwägen in ein ideologisches Schlachtfeld abgerutscht. Auf der einen Seite die Verteidiger des klassischen Verbrennungsmotors, die auf Effizienzsteigerungen, synthetische Kraftstoffe und technologische Weiterentwicklung setzen. Auf der anderen Seite die Verfechter der Elektromobilität, die das Batterieauto als moralisch sauberen Heilsbringer präsentieren. Doch die Frage bleibt, wie sauber kann ein Verbrenner tatsächlich werden und ist das Elektroauto wirklich der heilige Gral, als der es propagiert wird?
Verbrennungsmotoren haben in den letzten Jahrzehnten enorme Fortschritte gemacht. Direkteinspritzung, Abgasnachbehandlung, Partikelfilter und optimierte Motorsteuerung haben dazu geführt, dass moderne Diesel und Benziner mit Euro-6-Norm in vielen Situationen extrem niedrige Emissionen ausstoßen. Im realen Betrieb sind Stickoxide und Feinstaub auf einem Niveau, das in dicht befahrenen Städten oft nicht mehr die Hauptquelle der Luftverschmutzung darstellt. Hinzu kommt, dass ein Verbrenner, der technisch gepflegt und mit hochwertigen Kraftstoffen betrieben wird, eine erstaunlich lange Lebensdauer erreichen kann. Damit relativiert sich der ökologische Fußabdruck, der bei seiner Herstellung anfällt. Ein Fahrzeug, das 20 Jahre fährt, amortisiert seine Produktionsbilanz anders als ein E-Auto, dessen Batterie womöglich schon nach einem Jahrzehnt ersetzt werden muss.
Die Elektromobilität wirkt auf den ersten Blick überlegen, kein Auspuff, keine lokalen Emissionen, ein fast geräuschloses Dahingleiten. Doch dieser Schein trügt, sobald man die gesamte Kette betrachtet. Die Batterieproduktion ist energieintensiv, Rohstoffe wie Lithium, Kobalt und Nickel werden unter ökologisch und sozial katastrophalen Bedingungen abgebaut. Der Strommix entscheidet darüber, wie sauber ein E-Auto tatsächlich fährt. In Ländern mit einem hohen Anteil erneuerbarer Energien kann es gegenüber einem Verbrenner einen klaren Vorteil haben, in Regionen mit Kohleverstromung hingegen fährt es faktisch mit einem unsichtbaren Auspuff. Hinzu kommen Fragen der Entsorgung und des Recyclings, die bislang ungelöst sind. Batterien sind kein ewiger Energiespeicher, sondern ein verschleißanfälliges Bauteil mit enormem Materialaufwand.
Die oft zitierte „Null-Emission“ des Elektroautos ist ein PR-Kunstgriff, sie existiert nur auf dem Papier, weil die Emissionen an andere Orte verlagert werden. Was im Stadtzentrum sauber wirkt, belastet anderswo Luft, Böden und Gewässer. Der Verbrenner wiederum kann in Kombination mit synthetischen Kraftstoffen, die aus erneuerbaren Energien hergestellt werden, perspektivisch fast klimaneutral fahren. Das Problem ist hier nicht die technische Machbarkeit, sondern der Energiebedarf und die politischen Rahmenbedingungen. Synthetische Kraftstoffe sind teuer, ineffizient und im Moment nur in homöopathischen Mengen verfügbar. Doch sie zeigen, dass der Verbrenner nicht zwangsläufig ein Auslaufmodell sein muss, wenn man ihn mit einer sauberen Quelle speist.
Am Ende bleibt die Erkenntnis, dass es den einen, vollkommen sauberen Antrieb nicht gibt, jeder Ansatz hat seine Schattenseiten. Der Verbrenner ist effizienter und langlebiger, als seine Kritiker behaupten, doch er bleibt ein Motor, der fossile Ressourcen verbraucht, solange synthetische Alternativen keine echte Marktreife erlangen. Das Elektroauto ist lokal emissionsfrei, global aber keineswegs ohne Dreck am Stecken. Wer ehrlich hinschaut, sieht, dass die Frage nicht „Verbrenner oder Elektro“ heißen dürfte, sondern „Wie schaffen wir eine echte Gesamtbilanz, die alle Emissionen und Ressourcen einbezieht?“ Erst dann wird sichtbar, dass beide Systeme in Wahrheit Brückentechnologien sind, Übergangsmodelle auf dem Weg zu einer Mobilität, die sich den harten Grenzen der Physik und der endlichen Ressourcen stellen muss.
Die brutale Wahrheit lautet, Autos werden nie wirklich sauber sein, egal ob mit Tank oder Batterie, sie sind immer ein massiver Eingriff in Natur und Ressourcen. Wer glaubt, das E-Auto sei die Erlösung, irrt genauso wie der, der den Verbrenner zum unschuldigen Arbeitstier verklärt. Sauber wird Mobilität erst dann, wenn wir unseren Hunger nach immer größeren, schwereren und leistungsstärkeren Fahrzeugen zügeln. Bis dahin sind Verbrenner und Elektroautos nichts weiter als zwei Seiten derselben Medaille, nur mit unterschiedlich lackierten Illusionen.
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