6. Oktober 2025
Mehrsprachigkeit im unterricht

Mehrsprachigkeit im Unterricht – Anspruch und Wirklichkeit

In Nordrhein-Westfalen sorgt ein Antrag von CDU und Grünen für Aufsehen. Darin wird gefordert, die Förderung von Mehrsprachigkeit als durchgängigen Bestandteil des Bildungswegs zu verankern, von der Grundschule bis zum Abitur. Das klingt nach einer großen bildungspolitischen Weichenstellung und wird entsprechend emotional diskutiert. Die nüchterne Betrachtung zeigt jedoch, vieles ist Zielsetzung, wenig ist konkret, und manche Schlagzeilen übertreiben den tatsächlichen Gehalt deutlich.

Im Kern geht es um einen Antrag, der die Bedeutung von Mehrsprachigkeit im Bildungssystem hervorheben will. Sprachen sollen nicht nur als Lernfach, sondern als Kompetenz begriffen werden. Wer mit mehreren Sprachen aufwächst, bringt Ressourcen mit, die stärker anerkannt und gefördert werden sollen. Gemeint ist damit sowohl die Pflege von Herkunftssprachen als auch die Ausweitung von Angeboten, die bilingualen Unterricht ermöglichen. Gleichzeitig wird die Bedeutung der deutschen Sprache ausdrücklich betont, sie bleibt die zentrale Bildungssprache und soll auch in Zukunft Grundlage für Teilhabe und Abschlussprüfungen sein.

Die Formulierung, Mehrsprachigkeit müsse „von der Grundschule bis zum Abitur als integraler Bestandteil des Bildungswegs“ gedacht werden, ist dabei nicht als konkrete Pflichtmaßnahme für jede Schule zu verstehen. Vielmehr handelt es sich um eine politische Leitlinie. Sie setzt ein Signal, dass mehr getan werden soll, um vorhandene Sprachkompetenzen zu fördern und zusätzliche Angebote zu schaffen. Ob und wie das in der Praxis umgesetzt werden kann, hängt jedoch von Faktoren ab, die im Antrag nicht geregelt sind, von finanziellen Mitteln, der Verfügbarkeit ausgebildeter Lehrkräfte und der Bereitschaft, Lehrpläne anzupassen.

Die Vorstellung, Deutsch könne an Schulen durch andere Sprachen verdrängt werden, entbehrt derzeit jeder Grundlage. Zwar sollen Herkunftssprachen stärker in den Blick genommen werden, doch der Antrag stellt klar, dass Deutsch immer im Zentrum steht. Befürchtungen, man könne künftig Abiturprüfungen einfach in beliebigen Sprachen ablegen, haben keine realistische Grundlage. Vielmehr geht es um zusätzliche Förderung und Anerkennung, nicht um eine Ablösung der Unterrichtssprache.

Dennoch sind kritische Fragen berechtigt. Schulen sind schon jetzt überlastet, Lehrkräfte klagen über Personalmangel und fehlende Ressourcen. Wenn nun Mehrsprachigkeit stärker berücksichtigt werden soll, ohne dass klare Konzepte und ausreichende Mittel bereitstehen, könnte es zu einer Überforderung kommen. Auch die Gefahr einer Verwässerung der Ansprüche ist nicht von der Hand zu weisen, wenn unklar bleibt, wie Förderung konkret aussehen soll.

Verantwortlich für die Umsetzung ist die Schul- und Bildungsministerin von Nordrhein-Westfalen, Dorothee Feller von der CDU. Unter ihrer Leitung wird sich entscheiden, ob die politische Leitlinie tatsächlich in konkrete Maßnahmen mündet oder ob sie ein wohlklingendes Bekenntnis ohne Folgen bleibt.

Die Wahrheit ist also weniger spektakulär als viele Schlagzeilen. Ja, CDU und Grüne wollen Mehrsprachigkeit im Unterricht stärken und langfristig verankern. Nein, Deutsch wird nicht ersetzt oder abgeschafft. Was am Ende wirklich passiert, hängt davon ab, ob die Landesregierung bereit ist, mehr als nur Worte zu liefern und ob Schulen die Unterstützung bekommen, die sie für eine echte Umsetzung brauchen.

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