6. Oktober 2025
Worte als waffe

Die Sprache der Macht, Worte als Waffe

Sprache ist das eleganteste Werkzeug der Macht. Kein Panzer, kein Gesetz, kein Dekret erreicht so viel wie ein einziges Wort, das im richtigen Moment gesetzt wird. Schlagworte sind keine neutralen Begriffe, sie sind Waffen, fein geschliffen, mehrfach getestet, und so platziert, dass sie nicht hinterfragt, sondern geschluckt werden. Wer glaubt, politische Sprache sei Beschreibung der Wirklichkeit, irrt. Sie ist Konstruktion, Verschleierung, Manipulation.

Nehmen wir das Paradebeispiel: „wertegeleitete Außenpolitik“. Schon das Wort „wertegeleitet“ erstickt jeden Widerspruch im Keim. Denn wer will schon gegen „Werte“ sein? Doch die Realität ist brutal simpel, Werte gelten nur, wenn sie den eigenen Interessen nützen. Menschenrechte sind ein Argument gegen Russland, aber kein Problem, wenn in Saudi-Arabien Köpfe rollen. Demokratie muss in Venezuela her, darf aber in Ägypten auf sich warten. Wertegeleitet bedeutet nichts anderes als, wir machen knallharte Machtpolitik, und damit der Bürger nicht merkt, dass es um Öl, Gas und Märkte geht, verkaufen wir es als moralischen Kreuzzug.

Noch perfider ist der Begriff „Klimaneutralität“. Ein Wort wie aus einer Marketingabteilung, weich, beruhigend, fast schon spirituell. Neutralität klingt nach Ausgleich, nach Balance, dabei ist es in der Praxis ein gigantischer Ablasshandel. Airlines werben mit „klimaneutralem Fliegen“, Konzerne kaufen Zertifikate wie früher die Kirche Ablassbriefe. Die Industrie wäscht ihre Hände in CO₂-freiem Wasser, während sie weiter Ressourcen verbrennt. „Klimaneutralität“ ist kein Ziel, sondern ein Placebo, erfunden, um den Konsum zu rechtfertigen und das schlechte Gewissen der Mittelschicht zu streicheln.

Dann haben wir „Resilienz“. Früher sagte man „Belastbarkeit“ oder „Durchhaltevermögen“. Heute klingt es wie ein Coaching-Mantra, fast positiv. Doch gemeint ist, der Bürger soll lernen, Krisen zu ertragen, statt sie zu verhindern. Sei resilient, wenn die Energiepreise explodieren. Sei resilient, wenn die Inflation deine Ersparnisse frisst. Sei resilient, wenn Lieferketten zusammenbrechen. Resilienz heißt in dieser Sprache, gewöhn dich dran, dass du die Last trägst, während die Profiteure unberührt bleiben.

Auch „Transformation“ ist so ein Wolf im Schafspelz. Wer könnte gegen Transformation sein? Es klingt nach Fortschritt, nach Zukunft, nach Modernisierung. Doch was steckt dahinter? Zwangsumbau. Industrien, Wirtschaft, Gesellschaft, alles wird umgekrempelt, ohne echte demokratische Debatte. „Transformation“ heißt, die Entscheidungen sind längst gefallen, und du darfst bestenfalls noch Beifall klatschen, während du die Rechnung zahlst.

Das Muster ist immer gleich. Schlagworte werden so gesetzt, dass Widerspruch unmöglich wird. „Wertegeleitet“, wer widerspricht, gilt sofort als unmoralisch. „Klimaneutral“, wer Zweifel äußert, steht angeblich gegen das Klima. „Resilienz“, wer nicht resilient sein will, ist schwach. „Transformation“, wer sich wehrt, ist rückständig. Sprache wird zur Falle. Sie zwingt den Bürger in ein semantisches Korsett, aus dem es kein Entkommen gibt, außer er bricht das Tabu und riskiert gesellschaftliche Ächtung.

So ersetzt Sprache Realität. Sie beschreibt nicht, sie befiehlt. Sie macht aus Interessen Moral, aus Ablasshandel Fortschritt, aus Zumutungen Tugenden. Und das funktioniert nur, weil wir diese Worte übernehmen, wiederholen, verinnerlichen. Wer die Sprache der Macht akzeptiert, akzeptiert auch ihre Lügen.

Deshalb braucht es Klartext. Worte, die nicht tarnen, sondern entlarven. Denn solange die Herrschenden ihre Politik in Schlagworte wickeln können, bleiben die wahren Inhalte unsichtbar. Machtpolitik, Lobbyismus, Kontrolle. Sprache ist das eleganteste Instrument der Herrschaft und Klartext ihre größte Gefahr.

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